Unsere Wirtschaft ist einzigartig strukturiert. Sie hat Zukunft und sie zeigt Zusammenhalt. Passen wir auf, dass unsere Hoffnung nicht länger durch scheinbare Perspektivlosigkeit versiegt.

Die Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns ist gänzlich anders strukturiert als die anderer Bundesländer. Hier halten Familienunternehmer, kleinere Betriebe und Dienstleister unser Leben am Laufen. Das macht mir Hoffnung für die Zukunft und Hoffnung für die Zeit nach Corona.

Doch diese Hoffnung verfliegt in diesen Tagen, nachdem die ersten Debatten um Lockerungen abgeschlossen zu sein scheinen.

Bayern und Baden-Württemberg z.B. weisen einen starken industriellen Kern auf.
Sofern man die Automobilindustrie betrachtet, hängt ein ganzer Rattenschwanz an Zulieferern daran. Diese befinden sich in größter Abhängigkeit zum Großkonzern. Im ersten Lockdown hat man gesehen, was das heißt: Die Arbeit wurde nahezu gänzlich eingestellt und Menschen in Kurzarbeit geschickt. Zudem scheint die Zukunft dieser Branche begrenzt zu sein.

In Mecklenburg-Vorpommern finden wir kaum Betriebe, die ein solches Schicksal teilen und sich von einzelnen Konzernen und deren Zukunftsaussichten abhängig machen. Ebenfalls zählen wir nur wenige Unternehmen, die mehrere tausend Mitarbeiter beschäftigen. Diese gehören vornehmlich, ausgenommen den Reedereien und Werften, dem Gesundheitswesen an.

In MV sind es kleinere Unternehmen und Dienstleister wie Friseure, Gastronomen und Hoteliers, Handwerksbetriebe und Fitnessstudiobetreiber, die unsere Wirtschaft am Laufen halten und sie stärken.

Viele von ihnen sind in der ersten Phase der Corona-Pandemie, im April und Mai, bereits an ihre Grenzen gekommen. Nun dauert der zweite Lockdown Monate bereits an und die seit Jahren angesparten Rücklagen, die ursprünglich für Investitionen, einen Neustart oder den Ruhestand angedacht waren, sind verbraucht. Die staatlichen Hilfen lassen auf sich warten.

Genau diese Struktur der Unternehmenslandschaft ist sehr positiv. Wir sind kein Billiglohn-Bundesland, sondern haben gut ausgebildete Arbeitskräfte, die vor Ort wirken und auf die Verlass ist. Diese Menschen engagieren sich nach ihrer 40-Stunden-Woche zusätzlich ehrenamtlich in der Feuerwehr, in den Kommunalparlamenten und Gemeindevertretungen oder ihrem Verein. Sie sind das Fundament unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Wir müssen diesen Menschen eine ernsthafte Perspektive zusichern, indem wir unserem Einzelhandel und unseren regionalen Betrieben vertrauen. Sie haben im Sommer bereits gezeigt, dass sie Bestimmungen zum Infektionsschutz durch wirksame Hygienekonzepte umsetzen konnten.

Im Real kann und darf ich ein Fahrrad kaufen, Bücher und Postkarten erwerben, Schuhe anprobieren und mitnehmen. Im Fachhandel vor Ort, in den Fahrradgeschäften, dem Buch- und Schuhladen um die Ecke, kann und darf ich nicht einkaufen. Dabei sind Infektionsgeschehen an diesen Orten kaum nachgewiesen.

Mir ist bewusst, dass Experten die Wege dorthin ebenfalls als Risiko betrachten. Doch leben wir nicht in Berlin, wo eine überfüllte S-Bahn zum Infektionsherd wird. In den Bussen traf man vor Corona auf drei oder vier Menschen. Auf dem Land bewegen sich die meisten Menschen individuell fort. Ihr Risiko, auf dem Weg zu erkranken, geht gegen Null.

Die jetzigen Corona-Regelungen kann niemand verstehen und das Vertrauen in die staatlichen Institutionen sinkt weiter. Zuerst das Impfstoffdebakel und nun ein sich verändernder Richtwert der Inzidenzen: statt der 50 nun die 35.
Mal sehen, welche Zahl der Lostopf als nächstes herauswirft.

Die Infektionsgeschehen finden neben Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern im Privaten statt. Durch die Verlagerung privater Treffen in den öffentlichen Raum wie z.B. Restaurants können Infektionsketten möglicherweise noch besser aufgeklärt und nachvollzogen werden.

Aufgrund dessen müssen unser Einzelhandel und unsere Dienstleister öffnen dürfen! Sie haben lang genug auf den Staat vertraut. Nun sollten wir ihnen vertrauen.

Wir brauchen eine verlässliche Strategie, eine ernsthafte Perspektive für die Menschen in unserem Land.
Besser gestern als heute.

Ein Beitrag der SVZ